Zeitzeuge am Gymnasium am Stadtpark – der ehemalige DDR-Weltklasseturner Wolfgang Thüne
Heute besuchte Wolfgang Thüne das Gymnasium am Stadtpark und 200 Schülerinnen und Schüler konnten seinen Erzählungen gebannt zuhören. Befragt von Schülerinnen und Schülern der EF erzählte der ehemalige Weltklasseturner Thüne im Gespräch von seiner Jugend in der DDR, in der er eher zufällig von einem Trainer als talentierter Turner entdeckt wurde. An einer Kinder- und Jugendsportschule wurde dann das Turnen zu seinem Lebensmittelpunkt. Die Zuhörer erfuhren, dass der Sport in der DDR nicht unpolitisch und es Aufgabe der sogenannten „Diplomaten im Trainingsanzug“ war, die Überlegenheit des sozialistischen Systems aller Welt zu zeigen. Thüne, der einerseits in diesem System groß geworden ist, andererseits aus einem katholischen Elternhaus stammte und westliche Musik liebte, wurde durchaus dem System gegenüber kritisch erzogen. Anhand einzelner Beispiele berichtete er von den Vorzügen, die er als Leistungssportler, der Teil der Olympiamannschaft der DDR war, genoss. Gleichzeitig machte er aber auch deutlich, wie sehr er unter dem System litt.
Diese Zerrissenheit führte ihn dann 1975 dazu, seinen westdeutschen Kontrahenten Eberhard Ginger bei der Europameisterschaft in der Schweiz zu fragen, ob er ihm bei der Flucht in die Bundesrepublik helfen könne. So fuhr Ginger ihn in der Nacht über die Grenze und für Thüne begann ein Leben in Freiheit. Auch wenn der Kontakt zu seiner Familie bis zur Wende 1989 nicht ohne das Mithören und Mitlesen der Stasi möglich war, so hat er doch seine Entscheidung zur Flucht nie bereut.
Die Schülerinnen und Schüler der EF hatten sich gut auf das Gespräch vorbereitet und für alle Zuhörer interessante Fragen gestellt. So vergingen die gut 90 Minuten wie im Flug.
Barbara Hopmann