DDR- Mythos und Wirklichkeit: Ausstellung im Foyer der Aula

„Mauerschützen-Prozess im Gymnasium am Stadtpark“

Fast zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung verschwimmt die Erinnerung an den SED-Staat zusehends. Selbst aufgeklärte Zeitgenossen, die die Diktatur noch am eigenen Leib erlebt haben, laufen immer wieder in die Fallen, die uns durch permanente Wiederholung zum alltäglichen Wissen gewordene Fehlurteile und Legenden über die DDR stellen. Besonders junge Leute wissen wenig über den Arbeiter- und Bauernstaat. So stellen deutsche Schüler der DDR ein erstaunlich positives Zeugnis aus. Vor allem ostdeutsche Jugendliche neigen zu posthumer Verklärung (Berliner Studie des Forschungsverbunds SED-Staat an der FU Berlin von Monika Deutz-Schröder und Klaus Schröder zum DDR-Bild von Schülern). Hier ist Abhilfe nötig, geht es doch um die Stabilisierung unserer Demokratie, um das Lernen aus der leidvollen Erfahrung von zwei Diktaturen auf deutschem Boden.

Mit der Ausstellung „DDR – Mythos und Wirklichkeit“, einer Leihgabe der Konrad-Adenauer-Stiftung, und einem Unterrichtsprojekt stellt sich das Gymnasium am Stadtpark der historischen Aufarbeitung.

Im Juni 2018 besucht Roman Grafe das Gymnasium am Stadtpark Uerdingen. Grafe, Zeitzeuge und Publizist, berichtet in einem Vortrag über das Leben in die DDR und initiiert in den 9. Klassen ein Rollenspiel zu den Mauerschützen-Prozessen, ausgehend von dem Tod Chris Gueffroys, dem letzten Maueropfer vor dem Mauerfall.

Nachdem Roman Grafe aus seinem Buch „Deutsche Gerechtigkeit: Prozesse gegen DDR-Grenzschützen und ihre Befehlsgeber“ vorgelesen hat, sollen die Schüler den Mauerschützen-Prozess im Fall Chris Gueffroy, einem jungen Mann, der am 05.02.1989 aus der DDR flüchten wollte und an der Mauer vom Grenzsoldaten Ingo Heinrich erschossen wurde, in einem Rollenspiel neu verhandeln. Ihnen werden Rollen aus dem Gericht, die auch damals vertreten waren, zugeteilt. Nach kurzer Vorbereitung der Rollen beginnt der einstündige Prozess.

„Angeklagt ist Ingo Heinrich wegen Totschlags an Chris Gueffroy“, beginnt die Staatsanwaltschaft den Prozess in der 9b. Darauf folgt die Befragung des Angeklagten. Er berichtet, er sei mit der Situation „überfordert“ gewesen und habe getan, was er für richtig hielt. Nach vielem Hin und Her kochen die Emotionen zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägeranwältin und es herrscht große Unruhe im „Uerdinger Gerichtssaal“.

Im Plädoyer forderte die Staatsanwaltschaft 5 Jahre und die Nebenklägerin 10 Jahre Haft; letztendlich fällt das Gericht das Urteil: 5 Jahre und 6 Monate Haft. In der Wirklichkeit erhielt der Angeklagte 1994 nur 2 Jahre auf Bewährung.

Abschließend lobt Roman Grafe die Seriosität und „Echtheit“ des Mauerschützen-Prozesses der 9b mit den Worten „Niveau einer 11. Klasse“.

 

Bilder vom Rollenspiel zum Mauerschützenprozess / Projekt in der 9b mit Herrn Grafe