Projekttag „Fluchtpunkte“ für SoWi-Kurse der Q2

Fluchtpunkte – Perspektiven auf Flucht aus, in und nach Deutschland

Schul-Demokratieprojekttag mit Schülerinnen und Schülern der Q2

Asylbewerber, Flucht aus Syrien oder Afghanistan, Balkan- oder Mittelmeerroute oder Dublin-Abkommen – Themen, die seit 2015 ins Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung getreten sind. Aber was bedeuten diese konkret? Welche Folgen haben die Fluchtbewegungen für die Betroffenen und für die Gesellschaft in Deutschland? Solche und weitere Fragen standen im Mittelpunkt des Projekttages „Fluchtpunkte“ am 3.9.2020.

31 Schülerinnen und Schüler der Sowi-Kurse (LK von Herrn Zumbrink und GK von Herrn Voßwinkel) aus der Q2 setzten sich mit diesen Fragen intensiv auseinander. Zunächst gab es im ersten Block einen umfassenden Input durch die Moderatoren des Veranstalters Multivision e.V., die mit Quizz, Videos und Gesprächen den Aspektreichtum der Migrationsfrage, z.B. von Vorurteilen, Fakten zu Flüchtlingsströmen oder rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und der EU, aufzeigten.

Im zweiten Block kamen die Schülerinnen und Schüler des LKs zum Zuge: Mit vier vorbereiteten Präsentationen verdeutlichten sie, wie kompliziert das Asylrecht bzw. -verfahren in Deutschland gestaltet ist.

Direkt daran anschließend erzählte der Zeitzeuge Mario Röllig anschaulich und mitreisend, wie er als damals unpolitischer Jugendlicher in der DDR ins Visier der Stasi (Staatsicherheit) geriet, ihm in der DDR alle Chancen verbaut wurden und seine Flucht buchstäblich auf den letzten Metern vereitelt wurde. Resultat: Verhöre und Haft in Hohenschönhausen, psychische Folter, ein Leben in Angst. Die BRD kaufte ihn 1988 gegen Lösegeld frei. Was war sein „Vergehen“? Er wollte der Aufforderung des Stasi, seinen westdeutschen Freund als IM (informellen Mitarbeiter) auszuspionieren, nicht nachkommen und ließ sich auch nicht einschüchtern … – Für viele waren diese 45 Minuten mit Herrn Röllig der Höhepunkt der Veranstaltung.

Im dritten Block waren Experten und Betroffene zum Thema Flucht und Asyl vor Ort: Herr Amiri (Geflüchteter aus Afghanistan), Frau Sittel-Essabik (Flüchtlingsrat Krefeld), Herr Meurer (Seebrücke Krefeld), Frau Schlimnat (Flüchtlingskoordination) und nochmals Herr Röllig. Fragen zu Fluchterfahrungen, Integrationsschwierigkeiten und -hilfen, Möglichkeiten und Grenzen der Stadt Krefeld bzw. des Flüchtlingsrates kamen hier zur Sprache. Es wurde auch durchaus kontrovers diskutiert, z.B. inwieweit die Seenotrettung, wie sie die Seebrücke Krefeld unterstützt, im Mittelmeer angesichts der lybischen Schlepperbande sinnvoll gestaltet werden sollte. Oder ob die derzeitige Duldungs-Praxis in Deutschland den Menschen eine Chance bietet, in Deutschland Fuß zu fassen.

Festzuhalten bleibt: Die Perspektiven der Schülerinnen und Schüler auf das Thema „Flucht“ hat sich sicherlich erweitert: Die tiefen Einblicke, die Geflüchtete in ihre Schicksale gewährt haben, der Blick in das Dickicht des Regelwerk zum Asylrecht, der Überblick über die Vielschichtigkeit des Themas – all das wird zu mehr Durchblick zu einem der wichtigsten politischen Streitpunkte der letzten fünf Jahre beigetragen haben.

Thomas Zumbrink